Inhaltsverzeichnis
Diesen neuen Weg haben wir euch im Podcast vorgestellt und sind ihn unlängst gegangen. Die Via Mattiacorum von Idstein nach Wiesbaden, entlang auf abwechslungsreichen Wegen am Obergermanisch-Raetischen Limes – aber vielleicht zu lang für einen Tag?
Facts
komoot-Karte
Wegezeichen Via Mattiacorum
Ein roter Kreis, auf dem die Buchstaben V und M übereinander stehen, darüber im Halbkreis der Name des Weges: „Via Mattiacorum“. Der Kreis erinnert an eine alte Münze, passend zum Thema des Weges.
Start
Wir parken in Wiesbaden am Hauptbahnhof, gehen zu eben diesem und wundern uns sehr, dass er nahezu menschenleer ist. Unser Ticket ist schnell am Automaten gekauft, der Bahnsteig gefunden und noch immer die Verwunderung über die Leere. Dann der Blick zu den Anzeigetafeln, hier geht ja kaum ein Zug! Außer unserer.
Grund: Ein paar Tage vorher hatte sich eine Brücke gesenkt und sämtlicher Zugverkehr wurde daraufhin auf Schienenersatzverkehr umgestellt. Nur gut, dass unsere Strecke nicht betroffen war :-o
Leerer Bahnhof in Wiesbaden
Wir fuhren ein halbe Stunde mit der Regionalbahn RB21 bis zum Ausgangsort der Via Mattiacorum in Idstein. Ein paar Mal umgeschaut, die Gleise unterquert und wir hatten die erste Tafel zur Via Mattiacorum erblickt. Nach ein paar Metern nahe den Gleisen gehen wir an einem Kreisel links die Wiesbadener Straße hinauf.
Hier in Idstein war ganz schön was los, viel Verkehr auf den Straßen.
An einem bekannten Schnellrestaurant biegen wir rechts ab und es geht erstmal anständig hinauf.
Wir wandern unter der Autobahn hindurch und danach parallel zur A3. Das hören wir auch. Es ist wirklich laut. Zum Glück ist das das einzige Mal, dass wir Autoverkehr in diesem Ausmaß ertragen müssen auf den 28 Kilometern. Denn schon bald geht es rechts hoch in einen Wald. Schon hier genießen wir die wunderschönen Weitsichten in den Taunus.
Wir kämpfen uns durch einige Brennessel-Abschnitte am Rügert, die Beine leiden etwas. Aber je mehr Brennesseln, umso urwüchsiger ist es…
Ist schon auch schön :-D
Niederauroff und Oberauroff
Wir lassen uns aber durch Brennesseln die Wanderlaune nicht verderben, gehen immer weiter.
Oberhalb von Niederauroff gehen wir auf Wald- und Wiesenwegen entlang, kommen bis nach Oberauroff. Den Ort durchqueren wir, entdecken die Kirche, einen Brunnen, an dem wir uns erfrischen, und am Dorfgemeinschaftshaus erfreuen wir uns an einer Höhle. Also zumindest Anita. Ich bin da ja immer etwas schisserig, was Höhlen angeht…
Ehrenbach
Außerhalb geht es für uns an einem riesigen Phacelia-Feld vorbei. Das war ein Gesumme und Gebrumme. Geht es dir auch so, dass du dieses Jahr viel mehr blühende Wiesen und Felder seht? Es tut unserer Insektenwelt hoffentlich so richtig gut…
Es ist einsam hier. Wir treffen keine Menschenseele, bis wir schließlich nach knapp 6 Kilometern Ehrenbach erreichen. Durch den kleinen, etwa 325 Einwohner großen Ort wandern wir hindurch, an einem Brunnen vorbei, an dem wir uns wieder erfrischen. Wir mögen solche Brunnen sehr gern. In sehr viele haben wir schon unsere Arme gesteckt und das Gesicht erfrischt…
Sehenswert war im Ort noch die kleine Kapelle, sie war zwar eingerüstet, aber ihre Schönheit haben wir dennoch erkannt.
Ehrenbach
Limesrundweg und Römerkastel Zugmantel
Etwa 2 Kilometer später und 100 Höhenmeter weiter oben, hier wanderten wir zum Teil auf dem Limesrundweg, der etwa 2,5 Kilometer lang ist und gewiss sehr interessant, landen wir am Wachturm am ehemaligen Römerkastel Zugmantel.
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Ein Stück Limespallisaden und der Wachturm wurden hier rekonstruiert, es geht vorbei an einem ehemaligen Amphitheater durch den Wald. Es ist so unendlich spannend, wenn man bedenkt, was hier so früher los war! Hier gab es Gladiatorenkämpfe, die Zuschauer saßen erhöht auf einem Zuschauerrang und feuerte die Gladiatoren an. Aus Filmen kennen wir solche Feste – und hier fand so etwas auch statt…
Auch in der heutigen Zeit finden hier immer mal wieder und ohne Corona bestimmt wieder vermehrt Veranstaltungen zum Thema statt, davon zeugt unter anderem der große Parkplatz und die Bushaltestelle. In den weiterführenden Links unter dem Beitrag findet ihr Informationen.
Aarquelle
Aber auch wegen der Natur kommen viele Menschen hierher, wie wir von zwei Wanderpaaren erfahren. Sie wandern gern hier in diesem Gebiet, denn auch die Aarquelle ist hier. Ein paar hundert Meter weiter können auch wir diese bewundern. Mitten auf einer Wiese, wenige Meter vom Wanderweg entfernt erreichen wir sie unter einem Baum.
Auf einmal ist sie da, leise plätschernd kommt das Wasser aus dem Boden. 2019 wurde sie wieder sichtbar gemacht, zum Glück!
Hier gibt es auch den 63,5 km langen Aar-Höhenweg, der von der Aar-Quelle durch Wälder und Felder bis zur Mündung in die Lahn führt. Vielleicht eine neue Idee für unsere To-Do-Liste :-)
Nach etwa 11 Kilometern überqueren wir die Hühnerstraße. Es ist im Genauen die B 417, von Nassau nach Wiesbaden.
Immer wieder erhaschen wir hier wundervolle Ausblicke in den Taunus in die südliche Richtung. Den höchsten Punkt haben wir allerdings noch nicht erreicht. Bis dahin waren es noch etwa 10 Kilometer. Es ist das Jagdschloss Platte. Bis dahin hatten wir aber noch einige Kilometer vor uns – und die wurden heiss.
Durch Wehen hindurch
Wir umwandern bei wundervollem Wetter Neuhof, einen Stadtteil von Taunusstein. Durch Wald und an Wiesen geht es entlang, wir treffen einige Reiter, aber keine Wanderer. Bei Wehen überqueren wir erneut eine Straße, die B 275, und gehen in den Ort hinein. Nun beginnt für uns der herausfordernste Teil der Strecke. Es geht schon innerorts immer leicht bergauf, in den Straßen ist es unglaublich heiß.
Da sieht man wieder den Unterschied – im Wald da draußen war es wirklich angenehm, hier im Ort ist es schon fast fürchterlich.
Wir sind froh, als wir den knappen Kilometer hinter uns haben…
So wenig Strecke, die uns trotzdem viel Kraft gekostet hat.
Jagdschloss Platte
Bis zum Wiesbadener Stadtteil Platte wandern wir nun bergauf. Immerhin knapp 5 Kilomter und 130 Höhenmeter später finden wir uns am Jagdschloss Platte wieder. Ehrlich gesagt wandern wir so Höhenmeher lieber innerhalb von einem Kilometer :-D das zog sich ganz schön, aber ihr kennt uns, wir haben auch hier Schönes entdeckt und uns hat der Abschnitt trotz allem gefallen.
Knapp 20 KIlometer haben wir in den Beinen, als wir auf dem höchsten Punkt der Strecke das Jagdschloss Platte erreichen. Ein imposanter und geschichtsträchtiger Bau!
Wir setzen uns im Außenbereich des Gasthofs Jagdschloss Platte nieder und geniessen die freundliche Atmosphäre, die vielen Besucher und das tolle Wetter. Bei einer Schorle und einer guten Suppe stärken wir uns für die letzten Kilometer, die noch einmal wirklich interessant werden.
Naturschutzgebiet Rabengrund
Abwärts geht es danach. Hier mussten wir etwas aufpassen, denn auch Mountainbiker sind in diesem Wald unterwegs. Aber schon bald zweigen wir von ihrem Weg ab und sind wieder allein. Wir genießen noch einmal die Ruhe, den wilden Wald, die vielen Fingerhüte und verlaufen uns einmal, weil wir mal wieder nicht aufpassen. Dies ist eigentlich nicht möglich, denn der Weg ist auf den gesamten 28 Kilometern excellent ausgeschildert.
Wir erreichen nach etwa 23 Kilometern das NATURA 2000 Naturschutzgebiet Rabengrund von Wiesbaden. Schon in der Römerzeit fand hier eine landwirtschaftliche Nutzung statt. 84 Hektar ist dieses Gebiet groß und bietet etlichen Tieren und Pflanzen, auch sehr seltenen, ein Heim. Traurig fanden wir, dass die Wiesen alle abgesperrt waren – warum können Menschen nicht akzeptieren, diese nicht zu betreten? Nein, da muss erst Flatteband gespannt werden, damit einige es verstehen… Ist ja nicht so, dass viele Schilder da stehen, warum man die Flächen nicht betreten soll. Naja, wie sagte schon Einstein: „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
Lichtweißhöhle
Zwischen großen Wiesen und am Schwarzbach wandern wir entlang, hier gibt es viele Bänke zum Ausruhen und Relaxen. Es ist schön, wir fühlen uns echt wohl, Vögel zwitschern, wir beobachten Insekten, die auf und über den Wiesen herumschwirren, und so langsam merken wir, dass der Weg bald vorbei ist.
Wie auf jeder Streckenwanderung ist das ein komisches Gefühl. Wir leben den Weg, wir erleben und fühlen ihn – und wenn er dann irgwendwann vorbei ist, dann fehlt er uns. Das haben wir letztes Jahr zum ersten Mal so richtig gespürt, als wir auf dem Lechweg unterwegs waren. Das waren zwar mehrere Tage, aber jede Streckenwanderung bringt irgendwie dieses Gefühl mit…
Vorbei am Schwarzbachweiher erreichen wir nach 26 Kilometern den Bereich der Lichtweißhöhle. Die hat auch schon eine spannende Geschichte hinter sich, so soll hier der Wilddieb Heinrich Anton Leichtweiß mit seiner großen Familie gelebt haben. Danach geriet die Höhle in Vergessenheit, aber nun ist diese Stelle im Wiesbadener Nerotal ein beliebtes Ausflugsziel geworden. Die Höhle ist zwar durch eine massive Tür verschlossen, aber die Felsen und die Schutzhütte drumherum sind auch schon echt imposant.
Neroberg
Bis zum Wiesbadener Neroberg haben wir nun noch einen kurzen Anstieg vor uns, erblicken dabei uralte Baumveteranen, manche hohl und trotzdem lebendig. Am Speierskopf und an der Curt-Hoffmann-Hütte vorbei erreichen wir nach etwa 27,5 Kilometern den Neroberg. Der Hausberg Wiesbadens ist ein beliebtes Ausflugsziel, das haben wir auch an diesem Tag mit dem wundervollen Wetter erleben dürfen.
Erlebnismulde Nerobergtempel Blick auf Wiesbaden
Nerobergbahn
Normalerweise kannst du nun deinen Weg hinunter etwas unanstrengender gestalten und dich in die Nerobergbahn setzen. Das konnten wir leider nicht, denn sie fuhr noch nicht wieder. 1888 wurde sie als Wasserballastbahn eröffnet und auch heute noch ist die Technik unverändert. Die gesamte Länge beträgt etwa 440 Meter und es wird ein Höhenunterschied von 83 Meter überwunden. Sie gilt als die zweitälteste mit Wasserballast betriebene Drahtseil-Zahnstangenbahn Europas.
In 3,5 Minuten wären wir unten gewesen, so dauerte es allerdings zu Fuß etwas länger, aber auch wir waren in 12 Minuten in der Stadt angelangt.
Zurück zum Bahnhof
Wir stiegen an der Nerobergbahn Talstation in einen extra für uns ;-) bereitstehenden Bus, wollten nicht weiter laufen. Der offizielle Weg hätte noch ein paar Meter weiter geführt, durch einen Park am Schwarzbach entlang bis zum Kriegerdenkmal.
Geschafft!
Fazit
Ein abwechslungsreicher, interessanter und schöner Wanderweg ist diese Via Mattiacorum. Der geschichtliche Aspekt, der unterwegs immer wieder auf großen Tafeln erläutert wird, hat uns gut gefallen. Die Wegeführung ist klasse, bis auf den Weg durch Wehen hatten wir nichts zu meckern.
Die Strecke war für uns gut an einem Tag schaffbar, womit die Frage in der Einführung beantwortet ist.
Die An- und Abstiege sind gut zu machen. Wanderschuhe und Ausdauer sind erforderlich, die Via Mattiacorum braucht ansonsten nur offene Augen und Ohren. Ein Weg zum Genießen!
Durch die gute Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Personennahverkehr hat sie einen großen Vorteil gegenüber anderen Streckenwanderungen im Taunus…
Weiterführende Links
- zum Weg auf taunus.info
- Infos zum ÖPNV – Rhein-Main-Verkehrsbund
- UNESCO Weltkulturerbe Obergermanischer-Raetischer Limes
- Limesrundweg und Kastel Zugmantel
- Zugmantel Cohorte (Römer- und Germanengruppe)
- NATURA 2000 – Naturschutzgebiet Rabengrund von Wiesbaden (Flyer)
- Infos zum Neroberg
- Nerobergbahn